E‑Transformationsprozess
bei Volkswagen in Emden
Das Unternehmen baut sein Werk bei laufender Produktion zu einer der modernsten Fabriken der Automobilindustrie und einem Leuchtturm-Projekt der Elektromobilität um.
Volkswagen in Emden ist der größte industrielle Arbeitgeber westlich von Bremen und nördlich des Ruhrgebiets. Auf einer Fläche von 4,3 Millionen Quadratmetern werden rund 163.000 Fahrzeuge pro Jahr produziert – darunter die Modelle Passat, Arteon und der ID.4 sowie seit 2023 der viertürige vollelektrische Volkswagen Aero. Die Produktion der Verbrenner-Modelle Passat und Arteon soll noch bis spätestens 2024 weiterlaufen, danach wird Emden ein reines E-Werk.
Bereits seit November 2018 bereitet sich der Standort an der Nordseeküste auf den größten Transformationsprozess seiner Werksgeschichte vor: Volkswagen investiert rund eine Milliarde Euro und baut das Werk bei laufender Produktion zu einer der modernsten Fabriken der Automobilindustrie und einem Leuchtturm-Projekt der Elektromobilität um. Seit 2020 sind unter anderem eine neue Karosseriebauhalle, eine Bi-Color-Halle und eine neue Montagehalle entstanden. Dabei setzt der Konzern auf umweltfreundliche und ressourcenschonende Technologien.
Automatische Scheibenkommissionierung für „just-in-sequence“ statt „just-in-time“
So auch bei der Produktion des ID.4. Hier kommt unsere neueste Technologie zur automatischen Scheibenkommissionierung zum Einsatz. Aufgabe der ersten Konstruktion dieser Art ist es, Scheiben unterschiedlichster Formen und Farben genau in der Reihenfolge in einen Ladungsträger zu setzen, in der die dazu gehörigen Fahrzeuge vom Produktionsband laufen, also eine Lieferung „just-in-sequence“ statt „just-in-time“. Was vorher mühsam von Hand und unter Berücksichtigung einer unvorhersehbaren Fehlerquote erfolgen musste, erledigt nun präzise und zuverlässig ein eigens programmierter Roboter per Schienentechnik.
Zentimetergenaue digitale Simulation
Ressourcenschonend ist dabei nicht nur dessen Einsatz, auch bei Planung und Einbau wurde erheblich an Zeit und Aufwand gespart. „Um die Konstruktion auf der knapp kalkulierten Fläche zwischen die vorhandene VWAnlagentechnik platzieren zu können, wurde das Szenario vorher auf den Zentimeter genau digital simuliert“, so Daniel Springfeld, unser verantwortlicher Projektleiter am Standort Bremen. „Das war sowohl für uns als auch den Kunden eine Premiere. Denn vor Ort war nur noch die Feinjustierung der Roboter- Programmierung erforderlich, sodass die Produktion innerhalb kürzester Zeit an den Start gehen konnte.“
Ein weiteres Plus zur Ressourcenschonung ist die Verwendung möglichst identischer Komponenten für den Bau der Scheibenkommissionierung und den Einbau der Scheiben in die Fahrzeuge. Dadurch können auch in Zukunft Einzelteile recycelt, kostengünstig zugekauft oder auch als multifunktionale Ersatzteile verwendet werden.
Mit ungewöhnlichen Ideen Herausforderungen gemeistert
Dass das gesamte Projekt trotz der Lieferengpässe während der Corona-Pandemie überhaupt pünktlich fertig gestellt werden konnte, war nicht zuletzt einer findigen Idee Robert Straubs, Abteilungsleiter in Bremen, zu verdanken. „Während des Testprozesses der Anlage fehlte es an Sicherheitsautomaten, die einfach nicht zu bekommen waren. Doch ohne Sicherheitsautomaten kein Strom. Da sich die Technologie dieser Automaten bis heute aber nicht wirklich verändert hat, habe ich kurzerhand die aus meiner Modelleisenbahn eingebaut. So konnten wir trotz der Lieferschwierigkeiten den Zeitplan halten und die Anlage fristgerecht ausliefern.“ Manchmal muss man einfach unkonventionelle Wege gehen, um zur Lösung zu kommen. Auch VW-Projektleiter Holger Raschke schien sichtlich beeindruckt von der Kreativität unserer Kollegen. „So manche Idee, die uns zu Anfang fast schon absurd erschien, hat sich am Ende als die einzig mögliche und noch dazu sehr effiziente Lösung entpuppt“, fügt er begeistert hinzu. „Da spürt man einfach die Erfahrung. So macht die Zusammenarbeit trotz aller Herausforderungen natürlich Spaß.“